Aerts und Saki - die stillen Reserven
geschrieben von Jens Habermann

Wenn in wenigen Tagen der World Grand Prix beginnt, dann hoffen zwei Kämpfer ganz besonders, in das Turnier noch eingreifen zu können: Peter Aerts und Gokhan Saki.

Am 5. Dezember erwartet uns eines der härtesten World-Grand-Prix-Finalturnier aller Zeiten. Die Auseinandersetzungen werden hart und obwohl es Favoriten gibt, ist ungewiss, ob dieses es wirklich durch das Turnier hindurch schaffen.

Zwei Kämpfer, denen dies zu Gute kommen könnte sind Peter Aerts und Gokhan Saki. Denn sie bestreiten den ersten Reservekampf und haben so noch die Chance in das Turnier einzugreifen. Dazu müsste es jedoch in einem Viertelfinale einen Ausfall geben. Eine nicht seltene Situation in einem so harten Kampfsport wie K-1.

Gokhan Saki (2008)

Gokhan Saki (2008)

Doch die Vergangenheit ist undurchsichtig. So konnte erstmals 2001 Ernesto Hoost im Halbfinale verletzungsbedingt nicht antreten. Nun gab es zwar einen Reservekampf, doch stattdessen schickte man Stefan Leko, der im Viertelfinale gegen Hoost verloren hatte, gegen Mark Hunt ins Halbfinale. Leko verlor jedoch erneut und Hunt wurde der spätere Champion.

2002 wurde das Ganze noch abstruser. Ernesto Hoost verlor sein Viertelfinale gegen Bob Sapp zum Entsetzen vieler. Doch Sapp verletzte sich dabei an der Hand und obwohl Martin Holm und Michael McDonald einen Reservekampf ausgetragen hatten, kam erneut der Viertelfinalverlierer zum Einsatz. Was nun passierte ist Teil der K-1-Geschichte und sorgte später für eine Neuregelung der Reservekämpfe. Hoost traf im Halbfinale auf Ray Sefo, der sich jedoch nach einem Kick am Schienbein verletzte und deshalb noch in der ersten Runde aufgeben musste.

In der anderen Hälfte des Turniers marschierte während dessen Jerome Le Banner mit einem KO-Sieg über Musashi und einem Punktsieg gegen Mark Hunt durch. Und so trafen Hoost und Le Banner im Finale aufeinander und es kam zu jenem denkwürdigen Moment, in dem Le Banners linker Unterarm brach und Hoost den Titel gewann. Derselbe Ernesto Hoost, der noch eine Stunde zuvor in der ersten Runde ausgeschieden war, wurde nun zum vierten Mal zum Champion gekrönt, nachdem seine Gegner beide verletzt aufgeben mussten.

Und so änderte man das System für den World Grand Prix 2003, um solche merkwürdigen Konstellationen in der Zukunft zu vermeiden. Wer ausgeschieden war, sollte auch ausgeschieden bleiben. Stattdessen galt ab nun die Regel, dass ein Viertelfinalsieger, der zum Halbfinale nicht mehr antreten kann durch den Sieger des Reservekampfes ersetzt wird. Ein Halbfinalsieger, der nicht mehr zum Finale antreten kann, wird dagegen wie bisher durch den Halbfinalverlierer ersetzt. Der Hintergrund bei dieser Regelung ist, dass die beiden Finalisten in jedem Fall zwei Kämpfe hinter sich haben sollen und ein Reservekämpfer diese Bedingung nicht erfüllen würde.

2004 gab es beim Finalturnier zum ersten Mal einen zweiten Reservekampf. Damit konnte man nun zwei Viertelfinalausfälle abdecken, ohne einen Verlierer erneut ins Rennen schicken zu müssen. Und eine weitere Neuerung kam hinzu: Der zweite Reservekampf wurde zum ersten Mal nach den Viertelfinalkämpfen ausgetragen. Bisher fanden Reservekämpfe immer vor dem eigentlichen Turnierbeginn statt, was dem einspringenden Reservekämpfer jedoch die Möglichkeit zur längeren Pause gab. Da der Reservekämpfer sich offensichtlich nicht für die letzten Acht qualifiziert hatte, wollte man ihm diesen Vorteil nicht mehr gewähren.

2005 kam zum ersten Mal die heute gültige Regelung zum Einsatz. Nun wurden beide Reservekämpfe nach den Viertelfinalbegegnungen ausgetragen und zum ersten Mal seit 2002 musste auch ein Kämpfer ersetzt werden. Peter Aerts verletzte sich im Viertelfinale an der Rippe und musste im Halbfinale durch Glaube Feitosa, den Sieger des ersten Reservekampfes, ersetzt werden. Feitosa gelang dann auch noch der Einzug ins Finale, nachdem er einen der berühmtesten und brutalsten KO-Siege des K-1 hingelegt hatte. In der zweiten Runde seines Halbfinales erwischte er Musashi mit einem Flying Knee in den Seilen, dass den Japaner sofort zu Boden schickte. Feitosa verlor jedoch bekanntermaßen im Finale gegen Schilt, der zum ersten Mal Champion wurde und seine Rekordserie in den kommenden beiden Jahren aufstellen sollte.

Feitosa erledigt Musashi mit dem Flying Knee (2005)

Feitosa erledigt Musashi mit dem Flying Knee (2005)

Feitosa war auch der letzte Reservekämpfer, der eingewechselt wurde. In den Folgejahren gab es keine weiteren Verletzungen und somit auch keine Chancen für Reservekämpfer. Insgesamt schafften es in 16 Jahren K-1 World Grand Prix also 3 Reservekämpfer in das Turnier, von denen es zwei sogar ins Finale schafften und einer gewinnen konnte. Die Chance aus dem Reservekampf ins Turnier einzugreifen ist also mit 18,75% nicht besonders hoch. Wenn ein Reservekämpfer jedoch die Möglichkeit erhält, zieht er immerhin zu 66,7% ins Finale ein und gewinnt zu 33,3% das Turnier.

Peter Aerts (2009)

Peter Aerts (2009)

Ein Kämpfer, für den dies viele hoffen ist Peter Aerts. Die K-1-Legende aus Holland hält nämlich einen einzigartigen Rekord: Aerts schaffte es seit dem ersten World Grand Prix 1993 in jedem Finale dabei zu sein. Dieses Jahr konnte sich Aerts zum ersten Mal nicht qualifizieren, nachdem Alistair Overeem ihn drei Runden lang in der Final Elimination dominierte. Sollte er seinen Reservekampf gegen Saki jedoch gewinnen und die Chance erhalten ins Turniergeschehen eingreifen zu können, könnte man seinen Rekord unter Umwegen noch auf dieses Jahr ausweiten. Sollte Aerts dann auch noch das Turnier gewinnen, würde er mit Ernesto Hoost gleichziehen, ebenfalls vier World-Grand-Prix-Siege eingefahren haben und damit einen weiteren Rekord halten.

Aber dies ist natürlich nur Theorie. In der Wirklichkeit sieht es für den mittlerweile 39jährigen Peter Aerts nicht so rosig aus und mit Gokhan Saki trifft er auf einen talentierten, jungen und hungrigen Kämpfer, der für seinen frechen Kampfstil bekannt ist und Aerts hier durchaus die Schau stehlen könnten. Was genau passiert, werden wir erst in sechs Tagen erfahren, aber wie heißt es so schön beim diesjährigen World Grand Prix: "It's all for the win!"

Das K-1 World Grand Prix Finale 2009 findet am 5. Dezember in der Yokohama Arena in Yokohama, Japan statt. Das Turnier beginnt nach mitteleuropäischer Zeit bereits am Vormittag und wie immer wird es auf K-1sport.de zur gleichen Zeit den LIVE-Ticker geben.

Besucher-Kommentare
(29-11-2009 12:42) Sub_Zero: Ich hoffe, dass sich keiner der Kämpfer verletzt, das wäre sehr schade. Aber man weiß ja nie, ich befürchte es sogar, dass ein Reservekämpfer ins Geschehen eingreifen wird...

Dein Bericht ist sehr informativ, aber zuletzt hat doch Aerts als Reservekämpfer ins Geschehen eingegriffen beim WGP Final 2006, als Bonjasky duch die Tieftritte von Leko eine Hodenquetschung erlitten hatte. Ein sehr gutes und spannendes Turnier.

Und Schilt vs JLB treffen sogar zum 3. Mal aufeinander. Zuletzt gab es ein Wiedersehen der beiden beim K-1 World Grand Prix 2008 in Fukuoka. Am meisten würde ich es Le Banner gönnen, aber er ist seit 2002 nicht mehr derselbe und eine wirkliche Chance für ihn sehe ich bei dem Teilnehmerfeld leider nicht mehr.
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